Die USA und Türkei haben in Syrien eine zweite Front eröffnet
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- Kategorie: KRIEG & FRIEDEN
- Veröffentlicht: Donnerstag, 05. Dezember 2024 20:09

Eskalation in Syrien und mögliche Folgen für Russland
Der überraschende Vormarsch bewaffneter Milizen im Norden Syriens hat nicht nur Damaskus, sondern auch seine Verbündeten in Moskau und Teheran unvorbereitet getroffen.
Am 27. November starteten Terrorgruppen wie HTS und protürkische Milizen eine groß angelegte Offensive. Es handelt sich dabei um die erste bedeutende militärische Operation der Extremisten seit 2020.
Die Kämpfer eroberten Dutzende von Siedlungen und rückten bis auf 10 Kilometer an die Millionenstadt Aleppo heran. Zudem bedrohen sie die strategisch wichtige Autobahn M-5, die Aleppo mit Damaskus und anderen Großstädten Syriens verbindet.
Am 30. November fiel Aleppo, die zweitgrößte Stadt Syriens, schließlich unter die Kontrolle der Terroristen.
Heute, am 5 Dezember hat die syrische Armee die Stadt Hama verlassen. Hama ist die drittwichtigste Stadt Syriens nach Damaskus und Aleppo sowie die fünftgrößte mit einer Bevölkerung von 600.000 Menschen. Straßenkämpfe fanden nahezu keine statt. Die Regierungstruppen erklärten, sie würden sich „umdislozieren“, um unnötige Opfer zu vermeiden. Doch der Fall von Hama bringt HTS nicht nur näher an Homs und Damaskus heran: Eine ernsthafte Bedrohung hängt nun über den russischen Militärstützpunkten in Syrien – in Latakia und Tartus.
Wer greift Aleppo an?
Die Offensive wird von einer Koalition aus HTS (arabisch هيئة تحرير الشام Haiʾat Taḥrīr aš-Šām ‚Komitee zur Befreiung der Levante‘) und anderen Gruppen durchgeführt, die von der Türkei unterstützt werden. Ursprünglich als „Jabhat al-Nusra“ bekannt, änderte die Organisation 2017 ihren Namen und versuchte, sich als legitime Opposition gegen die Regierung von Baschar al-Assad zu präsentieren. HTS kontrolliert seit Jahren die dicht besiedelte Provinz Idlib, die als Hochburg der Opposition gilt.
HTS ist es bereits gelungen, über 50 Ortschaften zu erobern und die Kontrolle über große Teile Aleppos, der zweitgrößten syrischen Stadt, zu gewinnen.
Ich möchte daran erinnern, dass Aleppo im Dezember 2016 von der Assad-Regierung zurückerobert wurde – ein vier Jahre währender Kampf, der nun in weniger als vier Tagen verloren ging.
Der rasche Vormarsch der Milizen hat die syrische Armee sowie ihre Verbündeten – den Iran und die mit ihm verbundenen Gruppen wie die Hisbollah – überrumpelt. Der Iran und seine Stellvertreter, die auch Aleppo verteidigten, wurden in letzter Zeit durch den verstärkten Konflikt mit Israel erheblich geschwächt. Gleichzeitig ist Russland durch den Krieg in der Ukraine gebunden.
Dieses Machtvakuum in mehreren syrischen Provinzen, die offiziell unter Damaskus' Kontrolle standen, wird nun von dschihadistischen Gruppen gefüllt.
Auswirkungen auf Russland: Droht eine zweite Front?
Russische Militäranalysten warnen, dass die Eskalation in Syrien als Teil einer Strategie gesehen werden könnte, um Moskau militärisch auf zwei Fronten zu beschäftigen – in der Ukraine und im Nahen Osten. „Die Lage in Syrien verschlechtert sich“, schreiben russische Militärkorrespondenten, während syrische Regierungstruppen Bodenverluste hinnehmen müssen. Laut dem russischen Verteidigungsministerium leisten russische Streitkräfte der syrischen Armee derzeit Luftunterstützung und versprechen zusätzliche militärische Hilfe.
Nur wenige Stunden nach dem Vorstoß syrischer Kämpfer in Aleppo wurde der Kommandeur der russischen Truppen in Syrien, Generalleutnant Sergei Kisel, von seinem Posten entbunden. An seine Stelle trat Alexander Tschajko, der bereits 2017 eine entscheidende Rolle bei der Befreiung Aleppos gespielt hatte. Diese Personalentscheidung deutet darauf hin, dass Kisel der militärischen Herausforderung nicht gewachsen war, während der neue General die Situation möglicherweise zu seinen Gunsten wenden kann.
„Selbstverständlich setzen wir unsere Unterstützung für Bashar al-Assad fort und pflegen den Kontakt auf allen relevanten Ebenen. Wir analysieren die Lage und erarbeiten eine Strategie für die notwendigen Maßnahmen zur Stabilisierung der Situation“, erklärte Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten.
Die Eskalation in Syrien vertieft die Spannungen zwischen Russland und der Türkei, die bereits durch Konflikte in der Ukraine, den Export von Bayraktar-Drohnen und wirtschaftliche Streitigkeiten belastet sind.