Hilfe, mein Auto petzt (1984 die zweite )
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- Kategorie: FORSCHUNG & TECHNOLOGIE
- Veröffentlicht: Donnerstag, 15. Dezember 2022 11:05
Des Deutschen allerliebstes Kind, das Auto, ist schon lange nicht mehr das was es einmal war:
Eine Karosse, 1 Motor, 1 Getriebe, Bremsen und Räder.
Das Auto von heute hat viele Kilometer Kabel und viele kleine elektrische und elektronische Bauelemente sowie Computer eingebaut.
Der Computer gilt als unsichtbarer Helfer und guter Geist im Auto. Er trifft viele Entscheidungen (meist) ohne unser Wissen. Diese Computer haben eine Firmware, die der Fahrer so gut wie nie kennt. Nur einige Wenige beschäftigen sich mit einem Randarbeitsplatz des Bordcomputers, der Motorsteuerung.
Das sich die Elektronik von Autos teilweise manipulieren lässt, ist einige für motorsportbegeisterte PKW - Besitzer nichts Neues. Chiptuning heißt das heute Neudeutsch. Bei diesem Vorgang werden dem Computer neue Befehle einprogrammiert. Das Ziel ist es, mehr PS aus dem Motor herausholen, ohne das tatsächlich nur ein einziges mechanisches Teil gewechselt werden muss.
Prima soweit.
Schon heute gilt: Was einen Audi TT von VW Golf, einen Seat Altea vom Skoda Octavia unterscheidet, ist zu einem guten Teil in der Software hinterlegt. Weder die Verbrauchs- noch die Emissionswerte moderner Motoren wären ohne umfangreiche und komplexe Softwaresteuerung denkbar. Man muss noch gar nicht ESP, Spurhaltesysteme oder Distanzkontrollen bemühen: Selbst Tür auf- und zumachen ist längst ein hochkomplexer und vernetzter Vorgang. Allein in den letzten zehn Jahren hat sich der Speicherbedarf für einen gut ausgestatteten Oberklassewagen von 1 MByte auf 80 MByte und mehr vervielfacht. Für die Zukunft werden schon 10 GByte für neue Fahrzeuggenerationen angekündigt. Im selben Zeitraum ist die Anzahl der vernetzten Steuergeräte von fünf auf über 70 Stück angestiegen. (Heise.de)
In einem Vortrag geht Manfred Broy, Professor für Informatik, auf die Wichtigkeit von Software und Computer für PKWs ein:
1. Bis zu 40% der Herstellungskosten eines Fahrzeuges werden durch Elektronik/Software bestimmt.
2. 90% aller Innovationen sind getrieben von Elektronik/ Software
3. 50-70% der Entwicklungskosten eines Steuergerätes ( ECU ) entfallen auf die Software.
4. Premiumfahrzeuge besitzen bis zu 100 Steuergeräte...
Durch IPv6 erhalten Maschinen und Geräte eine IP Adresse und können am WWW teilnehmen.
So hat die Ampel eine IP Adresse, der Blitzer, die Kaffeemaschine, der Drucker, der Mautscanner und selbstverständlich auch das Auto.
Somit könnten sie in der Lage sein, diese bestimmten Daten an die Auswertungsstellen zu senden bzw. diese auch auszutauschen.
Aus den Geräten und den Maschinen, in Verbindung mit dem WWW, wird das
„Cyber-Physical System“, kurz CPS.
Professor Broys sprach von "DDD", der umfassenden Vernetzung von „Dingen-Daten- u. Diensten“.
Dabei könnte alles so schön sein:
Ihr Auto greift ein, wenn Sie die Übersicht verlieren. Staus sind fast eliminiert, weil Bordcomputer wissen, wo verstopfte Straßen sind, oder ob die nächste Ampel Grün oder Rot ist. Über Glätte oder Nebel ist der Fahrer längst informiert. Das intelligente Auto vernetzt sich dafür mit seiner Umwelt.
„Car 2 Car Communication Consortium“, kurz C2CCC nennt sich das schlicht, wenn sich Autos über “ ad hoc Netze“ unterhalten.
Die betreffenden Fahrzeuge sollen Daten, wie Ansprechen des ABS, Lenkwinkel, Position, Richtung und Geschwindigkeit, sammeln, auswerten und über Funk (WLAN, UMTS GSM....) an die anderen Verkehrsteilnehmer weitergeben.
Das EU-weit einheitliche Frequenzband zwischen 5,875 und 5,905 GHz, hat die Europäische Union für die Fahrzeugkommunikation bereits freigegeben. Technische Basis soll WLAN sein. Für den Gebrauch auf der Straße gibt es aber einige Anforderungen, die über den normalen WLAN-Standard hinausgehen: Die hohen Geschwindigkeiten der Fahrzeuge erfordern kurze Netzzugangszeiten; lange Verzögerungen darf es nicht geben, wenn die Kommunikation mit anderen Autos oder „Roadside Units“ funktionieren soll. Hierfür gibt es den auf die Bedürfnisse der „Car-to-X-Kommunikation“ optimierten WLAN-Standard IEEE WLAN 802.11p. Verbindungslücken im WLAN sollen die Funkstandards UMTS und GPRS überbrücken. Auch die Maut-Industrie ist an der Car2Car-Kommunikation auf IEEE 802.11-Basis interessiert. Sehr sogar. Wer jetzt nun Mitdenken kann, weiß jetzt wohin die Reise geht....
Diesen dienstbaren Geist werden wir aber nun nicht wieder los.
Denn Geschwindigkeiten werden erfasst (Uuups- sie fahren doch nicht zu schnell ).
Position - oh - zu dicht aufgefahren, gedrängelt- oder das Auto am Rande einer Demo abgestellt?
Jedes Öffnen der Scheiben (Sie haben doch keine Bananenschalen oder eine Kippe aus dem Auto geschmissen?) oder Blinken, jede noch so kleine Lenkbewegung wird erfasst.
Sogar ob sie jemand mitgenommen haben (Türöffnungen).
Um ein mutwilliges Verfälschen oder Manipulieren der ausgesendeten Warnmeldungen zu verhindern, müssten die gesendeten Meldungen eine elektronische Signatur besitzen und empfangene Meldungen auf eine gültige Signatur geprüft werden. Dabei sollte aber die Anonymität der KFZ-Benutzer gewahrt bleiben. Wie der Missbrauch von „Car2Car“-Sendeeinheiten aus älteren KFZ Modellen verhindert werden soll, ohne dass jedes KFZ über ein eigenes Digitales Zertifikat verfügt, welches im Zweifelsfall auch widerrufen werden kann, ist noch nicht abschließend geklärt. Eine Lösung, ähnlich der Geldkarte, wäre möglich. Dies würde aber wiederrum bedeuten, dass Behörden letztlich immer noch die Identität der sendenden KFZ feststellen können.
Dieses nun zu identifizierende Fahrzeug sendet eine zyklische Botschaft im Abstand weniger Sekunden aus. Diese „Botschaft“ enthält Informationen zur Fahrzeug-ID, Angaben zur Geschwindigkeit, Richtung und Position. Auf Basis dieser Informationen, könnten Fahrprofile aber auch elektronische Strafzettel, zum Beispiel bei Geschwindigkeitsüberschreitungen oder dem Überqueren einer roten Ampel, erstellt werden. Dergleichen wird möglich, wenn es in Ampelanlagen oder in (Polizei-) Fahrzeugen Empfangseinrichtungen gibt, die „Car2Car“-Daten auffangen können, was ja nun technisch kein Problem ist.
Was wäre also möglich? Ich versuche einmal kein Horrorszenario zu beschreiben, sondern praktische Anwendungsmöglichkeiten aufzuzeigen, damit der Leser sich Gedanken machen kann. Schließlich sollte diese hochkomplexe Technik nicht so leicht eingeführt wird, wie z.B. die Gesundheitskarte!
Beginnen wir mit einem Statement vom Ford-Vizepräsident Jim Farley auf der International Consumer Electronics Show kurz CES, in Las Vegas: "Wir kennen alle, die das Gesetz brechen, und wir wissen, wann sie es tun. Wir haben GPS in ihrem Auto, also wissen wir, was sie tun", sagte Fords Jim Farley vor Publikum laut Business Insider-Reporter Jim Edwards in Vegas. "Übrigens, wir geben diese Daten niemanden." fügte Farley hinzu. Sicher nicht, weil der NSA sie per definierter Schnittstelle aus dem System ausleitet. Was passiert nun, wenn ein verärgerter Mitarbeiter das Unternehmen Ford (BMW, Audi usw.) mit einem USB-Stick verlässt, auf dem Bewegungsdetails und Geschwindigkeitsübertretungen von Tausenden von Kunden gespeichert sind?
Fotograf Thomas Bresson
Oder ein Whistleblower lässt Informationen durchsickern, weil Ford viel mehr Daten sammelt, als offiziell zugegeben wird?
Auf nach Deutschland- ins „Autoland“. Karl-Ernst Steinberg, ein leitender Entwickler bei BMW: "Ich glaube, dass das Auto in der Zukunft ein ganz normaler Knotenpunkt in der vernetzten Welt sein wird", sagte er. "So, wie heute Smartphones ein Standard sind und jeder das Internet in seiner Hosentasche mit sich herumträgt."
Genau, sehr gut erkannt. Heutzutage hat kaum ein Smartphone - Besitzer das Sagen über sein Handy. Er besitzt keine „Rootrechte“, d.h. der Bürger kann nichts dagegen tun, das sein Smartphone zum Beispiel anpeilbar ist oder ausgelesen werden kann bzw. wird. Sein gekauftes Smartphone ist für den Staat bzw. seine Dienste „offen“ per Gesetzeskraft (Siehe dazu: Hilfe mein Handy petzt)!
BMW baut für all das bereits SIM-Karten, wie sie auch in Handys stecken, in viele seiner Autos ein. Fahrzeuge anderer Hersteller zapfen wiederum das Telefon des Fahrers an - die Wagen von Ford zum Beispiel.
Doch nicht nur theoretisch, sondern auch ganz praktisch ist bei aller vordergründigen Anonymisierung ganz offensichtlich eine Auswertung der Daten möglich. Der derzeitige Außenminister Steinberg (SPD) erklärt das anhand offizieller Ermittlungen: "Dann können wir zum Beispiel ein gestohlenes Fahrzeug von außen tracken." Sicher können sie das, bei der eingebauten Technik und Software, gar kein Problem.
Dem „naiven“ Autofahrer wird es zum Beispiel so schmackhaft gemacht: BMW bietet via Bordcomputer direkten Zugang auf ein Onlineportal, das schon unterwegs verrät, welches Restaurant, welcher Laden oder welches Museum am Zielort zu empfehlen sind. Aktuelle Nachrichten, Wetterinfos, Apotheken- und Geldautomatensuche kommen schon länger online auf den Bildschirm im Fahrerraum.
Gut Vorstellbar wäre folgendes Szenario:
Der Autofahrer bereits weiß, und zwar bevor er um die Kurve fährt, dass die nächste Ampel auf Grün stehen wird. Diese Information teilt ihm das Cockpitdisplay mit. Freie Fahrt also. Kurz darauf rauscht ihm auf der Kreuzung ein anderes Auto in die Seite. Wie sich herausstellt, hatte dessen Fahrer ebenfalls grünes Licht. Wie wäre so etwas möglich? Ein Szenario wäre: Es war ein Hacker am Werk, der den Unfall ausgelöst hat. Der Eindringling manipulierte den Datenaustausch zwischen Autos und Ampelanlage und stellte alles auf Grün.
© User:Colin / Wikimedia Commons /
Ebenfalls Vorstellbar wäre:
Sie wollen Ihr Auto starten, aber es funktioniert nicht. Warum? Ihre KFZ - Versicherung hat das Geld nicht erhalten, somit sind Sie unversichert, und „Vater Staat“ lässt Sie im wahrsten Sinne des Wortes laufen.
Oder:
irgendjemand hat Sie angeschwärzt, oder hat etwas gegen Sie. Der Polizei wird gemeldet, wohin Sie fahren, über welche Wege Sie fahren und natürlich mit welchen Fahrzeug. Dort kann man dann auf Sie warten.
Oder:
Sie können nach dem Einsteigen nichts mehr machen. Die Türen sind blockiert, sie sind „gefangen“ im Inneren? Unvorstellbar? Fragen Sie mal ADAC Mitarbeiter, wie oft schon Türen von alleine blockiert und den Fahrer nicht mehr heraus gelassen haben. Schon heute besteht eine gewisse Angst, Autos ließen sich aus der Ferne manipulieren, stellt Hubert Paulus vom ADAC Technik Zentrum fest. "Ein Auto ist heute mehr oder weniger eine Art PC - so meint man, von außen könne man alles Mögliche machen"´.
Das was Hacker jetzt schon können, wie z.B. die IT-Experten Charlie Miller und Chris Valasek zeigten, nämlich auf Autos aus der Ferne zugreifen und sogar Bremssysteme und Gurtstraffer auslösen, kann dann jeder, der es kann und/oder darf.
Chromglänzende Aussichten ? Der perfekten Vollüberwachung und Kontrolle nun ein Stück näher? Ich denke wir sind mit Riesenschritten der Vollüberwachung näher, mit Verlaubrollenden Reifen.
Als Abspann passt jetzt ganz gut dazu: „On the Road again..... oder im Wagen vor mir fährt ein junges Mädchen...“
Quellen:
http://www.heise.de/autos/artikel/Plug-and-Drive-792874.html
http://www.heise.de/ix/artikel/Sichtweite-erhoehen-820516.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Car2Car_Communication
http://web.apb-tutzing.de/apb/cms/uploads/media/Vortrag_BroyTutzing_Cyber-Physical-Systems.pdf
http://www.simtd.de/index.dhtml/1652d18a4f106e50245e/-/deDE/-/CS/-/
http://www.activistpost.com/2014/01/ford-vice-president-publicly-admits.html
http://www.businessinsider.com/ford-exec-gps-2014-1
http://www.n-tv.de/ticker/Auto/Vernetzte-Autos-geben-sich-die-Bloesse-article10563421.html
http://www.forbes.com/fdc/welcome_mjx.shtml
http://blog.ioactive.com/2013/08/car-hacking-content.html
http://www.spiegel.de/auto/aktuell/computerexperten-hacken-auto-software-a-914783.html
Bildernachweiss: Wikipedia
Michael Ellerhausen (Im Rausch der Geschwindigkeit - nein nein nicht der Autos, sondern der Geschwindigkeit des Ausbaus der Überwachung )
Danke an Sven ( Farbklecks ) für Korrektur und Verdeutschlichung